„Die Vorarlberger Ausbildungsbotschafter“

November 21, 2019

Innovatives Projekt präsentiert: Lehrlinge stellen sich und ihre Ausbildung an Vorarlberger Schulen vor.

Mit den Vorarlberger Ausbildungsbotschaftern hat die Wirtschaftskammer Vorarlberg in Kooperation mit dem BIFO ein Projekt gestartet, bei dem SchülerInnen von Lehrlingen aus erster Hand erfahren, wie ihr Arbeits- und Berufsschulalltag aussieht und welche attraktiven Perspektiven eine duale Ausbildung bietet. Darüber informierten WKV-Präsident Hans Peter Metzler und BIFO-Geschäftsführer Andreas Pichler gestern im Rahmen einer Pressekonferenz an der Mittelschule Hard Mittelweiherburg.

Dabei waren auch drei Lehrlinge direkt im Einsatz. Lina, Mateo und Tobias als Ausbildungsbotschafter an der MS Hard Mittelweiherburg im Einsatz: Sie befinden sich inmitten ihrer Ausbildung als Optikerin, Prozesstechniker und Orgelbauer. In kurzen Präsentationen beschreiben sie ihre Lehre, ihren Betrieb, welche Erfahrungen sie gemacht haben oder wie sie überhaupt zum Beruf gekommen sind: Denn es gibt nicht „den einen Weg“ zur Lehre. Einige Botschafter haben bereits die Matura gemacht, andere schon mehrere Berufe ausprobiert oder ein Studium absolviert, wie zum Beispiel Tobias. Mehr über die Ausbildungsbotschafter erfährt ihr hier.

 

SchülerInnen frühzeitig über Chancen informieren

Im Dis.Kurs Zukunft, dem größten Strategieprozess der Wirtschaftskammer Vorarlberg, kommt den Themen Bildung und Lehre eine besondere Bedeutung zu, erklärte Hans Peter Metzler, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV): „Viele SchülerInnen stehen jedes Jahr vor der Entscheidung, wie es nach der Pflichtschule weitergehen soll. Unser Anspruch ist es, diesen Jugendlichen die attraktiven Perspektiven einer beruflichen Ausbildung aufzuzeigen, damit sie ihre Zukunft bestens informiert gestalten können. Die Lehre, wie wir sie hier in Vorarlberg leben, ist dynamisch, weil sie sich an den Bedürfnissen der Arbeitswelt orientiert und den Lehrlingen den optimalen Mix aus Theorie und Praxis sowie wichtige Schlüsselqualifikationen vermittelt. So verspricht sie auch langfristig eine erfolgreiche Karriere – das schafft die Basis für ein gutes Leben!“ 

Metzler hält es einerseits für notwendig, SchülerInnen frühzeitig über ihre beruflichen Möglichkeiten zu informieren und andererseits spielt der Bewerber- und folglich Fachkräftemangel eine entscheidende Rolle für das Engagement der WKV bei diesem Thema. Deshalb haben sich Vertreter der Wirtschaftskammer Vorarlberg in Kooperation mit dem BIFO – Beratung für Bildung und Beruf im Rahmen des Strategieprozesses Dis.Kurs Zukunft Gedanken gemacht, wie Vorarlberg als „Land der Lehre“ weiter gestärkt werden kann.

 

Gemeinsames Projekt initiiert

Das Ergebnis dieses Prozesses ist das Projekt „Die Vorarlberger Ausbildungsbotschafter“: „Wir wollen Jugendlichen auf persönliche und authentische Art die Vielfalt an Berufen aufzeigen und die Qualität und das Engagement der ausbildenden Betriebe im Land noch sichtbarer machen. Es geht darum, einen Impuls zu setzen, das Interesse zu wecken und Begeisterung für die duale Ausbildung zu entfachen“, erklärt WKV-Präsident Metzler die Intention des Projekts.

Die Ausbildungsbotschafter erzählen an Schulen, wie und warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben, wo sie Informationen und Unterstützung erhalten haben und wie die Bewerbung für die Wunschlehrstelle abgelaufen ist. Sie berichten über ihren Tagesablauf im Lehrbetrieb und in der Berufsschule, wie viel sie verdienen und welche Möglichkeiten und Pläne sie nach der Lehre haben. Metzler: „Durch dieses Format können wir den SchülerInnen eine ganz andere Art von Berufsinformation bieten, indem die Lehrlinge selbst berichten, wie es ihnen in der Orientierungsphase ergangen ist und welchen Weg sie schließlich eingeschlagen haben.“

Nach der umfassenden Pilotphase wurde das Projekt im Sommersemester 2019 auf 30 Einsätze in ganz Vorarlberg ausgeweitet. Im laufenden Wintersemester gibt es weitere 30 Schuleinsätze. Aktuell stehen für das Projekt 29 Ausbildungsbotschafter in 24 verschiedenen Lehrberufen zur Verfügung.

 

Wissen mit Freude und Engagement vermitteln

Vor dem ersten Einsatz erhalten die Ausbildungsbotschafter eine Schulung durch das BIFO – Beratung für Bildung und Beruf. Am Schulungstag stehen die Reflexion des eigenen Weges, inhaltliche Ideen für die Einsätze an den Schulen, Wissen zur Bildungswahl und Tipps und Tricks für ihre Präsentation als Ausbildungsbotschafter auf der Tagesordnung. Wichtig ist aber, dass die Lehrlinge ihre Präsentationen selbst entwickeln, wie Andreas Pichler, Geschäftsführer des BIFO – Beratung für Bildung und Beruf, erklärt: „Die individuelle Darstellung des eigenen Weges und des Lehrberufes durch die Lehrlinge ist es, was das Projekt so spannend macht. Das spiegelt sich auch in den Einsätzen an den Schulen wider. Die Ausbildungsbotschafter vermitteln mit viel Freude und Engagement ihr Wissen und machen damit die SchülerInnen neugierig.“ 

 

Das sagen die Ausbildungsbotschafter:

Tobias Rathgeb (25) ist Orgelbauer im ersten Lehrjahr bei Rieger Orgelbau in Schwarzach. Er war bereits zwei Mal als Ausbildungsbotschafter im Einsatz und berichtet:„Als mich im vorletzten Schuljahr am Gymnasium ein Bekannter mit zum Stimmen und Reparieren einer Orgel genommen hat, ist bei mir der Funke übergesprungen. Seitdem hatte ich den Wunsch, Orgelbauer zu werden. Als Vorbereitung dafür habe ich nach dem Gymnasium die Berufsfachschule für Holztechnik in Ulm besucht. Nach dem Abschluss habe ich aber einen anderen Weg eingeschlagen und ein Fahrzeugtechnikstudium in Graz begonnen. Der Orgelbau hat mich aber auch zu dieser Zeit nie losgelassen. Deshalb habe ich nach meinem Studienabschluss beschlossen, doch noch die Lehre in meinem Traumberuf zu wagen.“
„Am Orgelbau gefällt mir die Vielfalt des Berufs besonders: Wir arbeiten vorwiegend mit Massivholz, aber auch mit Metall und Elektronik. Nicht zuletzt ist auch das Produkt dieses Schaffens einfach wunderbar. Das Wissen, dass ich selbst dazu beigetragen habe, eine Orgel – die Königin der Instrumente – zu bauen, erfreut mich immer wieder. Als Ausbildungsbotschafter möchte ich den Schüler/-innen den sehr interessanten Beruf des Orgelbauers vorstellen; denn die meisten kennen diesen gar nicht – so wie ich in ihrem Alter.“

Lina Fiel (16) ist Optikerin und Akustikerin im zweiten Lehrjahr bei Friesenecker Optik in Lauterach und hat bisher zwei Einsätze als Ausbildungsbotschafterin absolviert. Sie sagt: „Ich habe nach der NMS Alberschwende das 9. Schuljahr am Poly absolviert und in dieser Zeit in viele verschiedene Berufe hineingeschnuppert. Bei Optik und Akustik war mir gleich klar, dass ich diesen Beruf erlernen möchte. Das Tolle ist für mich der perfekte Mix aus Kundenkontakt und handwerklichem und technischem Arbeiten – das bietet mir viel Abwechslung. Als Ausbildungsbotschafterin rate ich den Schüler/-innen, viel zu schnuppern und sich Unterschiedliches anzusehen, damit man den richtigen Beruf findet, der einem auch Spaß macht. Wichtig ist auch zu wissen, dass die Schule nicht der einzige Weg zu Matura und Studium ist – das ist auch mit einer Lehre möglich.“

Mateo Hodzic (17) ist Prozesstechniker im dritten Lehrjahr bei Flatz in Lauterach und erklärt:  „Ich habe bereits vier Einsätze als Ausbildungsbotschafter absolviert. Mir ist wichtig, den SchülerInnen zu zeigen, dass die Lehre eine gute Alternative zur Schule ist. Allgemein ist gut, sich viele verschiedene Sachen anzusehen. Ich kann den SchülerInnen außerdem auch die Vor- und Nachteile der Lehre vermitteln. An meinem Beruf als Prozesstechniker schätze ich die Vielfalt besonders: Ich lerne viel in verschiedenen Bereichen, das macht die Arbeit spannend und interessant. Auch die Verantwortung und das Arbeiten im Team gefallen mir in der Lehre. Cool ist, dass ich jeden Tag Neues lerne und mich auch persönlich weiterbilden und -entwickeln kann.“

 

Austausch auf Augenhöhe

„Diese Lehrlinge zeigen, wie vielfältig Karrierewege heute sind und welche Chancen die duale Ausbildung bietet“, erklärt WKV-Präsident Hans Peter Metzler, und sagt: „Und es wird niemanden wundern, dass diese authentischen Botschaften von Jugendlichen für Jugendliche gut ankommen und Begeisterung schaffen.“

Im Anschluss an die Präsentation der Ausbildungsbotschafter bleibt noch genug Zeit für alle offenen Fragen. „Die Ausbildungsbotschafter kommen inmitten der Berufsorientierungsphase an die Schulen. Erfahrungen und Informationen aus erster Hand sind zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig. Die Ausbildungsbotschafter sind nur wenige Jahre älter als die Schüler/-innen selbst. Das ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe und die Jugendlichen haben weniger Scheu, Fragen zu stellen“, erklärt BIFO-Geschäftsführer Pichler.

 

Projekt bereichert Berufsorientierungsunterricht

Seit der Pilotphase im Herbst 2018 waren bereits über 30 Ausbildungsbotschafter im Einsatz. Nicht nur Lehrer und Schüler/-innen, auch die Lehrlinge selbst sowie deren Ausbildner in den Betrieben sind vom Projekt überzeugt, wie Andreas Pichler erklärt:„Wir stehen im direkten Austausch mit den Schulen und erhalten positive Rückmeldungen zum Projekt. Das Angebot passt gut in den Berufsorientierungsunterricht, der an den Schulen stattfindet und die Lehrpersonen nutzen das Angebot sehr gerne: Die Jugendlichen erhalten durch die Ausbildungsbotschafter zusätzliche Motivation für ihre Bildungswahl und bringen bei weiteren Schritten, wie z.B. den berufspraktischen Tagen in den Betrieben, schon erste Eindrücke mit.“

Metzler ergänzt: „Auch vonseiten der Unternehmen ist das Feedback sehr positiv: Sie schätzen unsere Initiative als wertvollen Beitrag zur Berufsorientierung, der die Attraktivität der Lehre stärkt­. Weitere Vorteile sind die Präsentationsmöglichkeit und die Weiterentwicklung ihrer Lehrlinge. Die Begeisterung bei Schüler/-innen, Lehrlingen und Unternehmen ist groß: Daher wird das Projekt der „Vorarlberger Ausbildungsbotschafter“ weiter wachsen. Das ist wichtig, weil die Lehre ein Schlüsselfaktor für den Standort Vorarlberg ist. Nur mit einer attraktiven dualen Ausbildung und motivierten, top-ausgebildeten Lehrlingen und Fachkräften wird sich Vorarlberg als Standort auch künftig im internationalen Wettbewerb messen können!“