Lehre als Hufschmied: „Ich wollte unbedingt raus!“
Juli 22, 2019
Allein in Vorarlberg gibt’s über 190 Lehrberufe. Auch der/die Hufschmied/in gehört dazu. Er ist im Land ebenso exotisch wie die Prothesentechnik. Vielleicht nicht ganz so digital wie die App-Entwicklung, aber dafür mit ebenso langer Tradition wie klassische Handwerksberufe Tischler/in oder Bäcker/in. Im Falle von Hannes Hofer war es die Arbeit im Freien und mit Pferden, die ausschlaggebend für die Lehre waren. Aber das erzählt er uns im Interview ausführlicher. Er gibt Einblick in seinen Arbeitsalltag, blickt auf seine Lehrzeit zurück und gibt Jugendlichen Ratschläge für die Berufswahl.
Hannes, du hast dich zu einer Lehre als Hufschmied entschieden – wie bist du darauf gekommen?
Schon in der Schule wusste ich, dass ich nach dem neunten Schuljahr eine Lehre als Hufschmied beginnen möchte. Den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen oder in einem großen Betrieb zu stehen, sprach mir nicht wirklich zu. Ich wollte unbedingt raus! Dann hatte ich das große Glück, direkt eine passende Lehrstelle bei meinem Lehrherrn und Chef Reinhard Hämmerle zu finden.
Was ist das Besondere an deinem Beruf?
Als Hufschmied zu arbeiten ist für mich deswegen so schön, weil man von morgens bis abends draußen ist. Da man nicht wie früher eine Dorfschmiede hat, haben wir eine mobile Schmiedewerkstatt am Auto eingerichtet, mit der wir von Stall zu Stall fahren und alle Kundschaften betreuen können. Ganz nebenbei kommen wir in die schönsten Gegenden, vom Bregenzerwald bis zum Brandnertal oder auch mal auf die Spitze des Silberberges. Dass ich dann meine Arbeit auch noch mit einem der schönsten Tiere der Welt ausüben darf, erfüllt mich immer wieder mit Freude.
Darüberhinaus kommt man auch was das Kommunikative angeht nicht zu kurz. Man muss natürlich auch mit den Pferdebesitzern darüber sprechen, wie das Pferd läuft oder was sie mit dem Pferd gerne machen wollen. Interessant war in der Lehrzeit auch, dass man nicht nur Metallkunde hatte, also Schmieden, Bohren, Schweißen, Drehen oder Fräsen, sondern auch Pferdekunde. In der Berufsschule hatten wir sogar einen Tierarzt, der uns viel über Anatomie, Krankheiten, Haltung und Geschichte des Pferdes beibrachte. Das war schon sehr spannend.
Du bist also viel unterwegs als Hufschmied. Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Wenn Nägel, Eisen, Gas etc. hergerichtet sind, geht’s los zum ersten Stall. Dort holen wir die zu beschlagenden Pferde aus den Boxen. Zuerst beurteilen wir das Pferd und die Stellung seiner Füße. Ein Huf wächst nämlich wie ein Fingernagel und kann schief oder ungleich wachsen. Wenn ich weiß, welcher Bereich des Hufs zu korrigieren ist, wird das alte Hufeisen entfernt, der Huf ausgeschnitten und die Größe des Eisens festgestellt. Dann werden Rohlinge im Ofen heiß gemacht und auf dem Amboss geschmiedet. Das noch glühende Hufeisen wird dann sehr sorgfältig auf den Huf aufgebrannt. Sobald das Eisen abgekühlt ist, wird es geschliffen, dann werden Löcher gebohrt und für den Gleitschutz Stifte oder Stollen eingesetzt.
Da manche Hufen etwas mehr Unterstützung brauchen oder auch verletzt sind, gibt es besondere Eisen und Einlagen, jedes hat seine spezielle Funktion. Damit es dem Pferd nicht schadet muss man beim Anbringen des Eisens sehr sorgfältig und in die richtige Hornschicht nageln. Immerhin müssen die Eisen auch wieder für die nächsten sechs bis acht Wochen halten. Zum Schluss werden die Nagelspitzen abgezwickt und vernietet. Nachdem der Huf dann schön verraspelt wurde, führe ich das Pferd noch vor, um zu prüfen, dass alles passt. Dann geht’s wieder weiter zum nächsten Stall.
Traditionelles Handwerk
Warum sollten Handwerke wie das Hufschmieden weitergelernt werden?
Weil sie einfach zu uns gehören und viel Geschichte dahintersteckt. Immer wieder höre ich von älteren Leuten, was sie erleben durften, als sie selbst solche urigen Handwerke ausübten. Da gibt es tolle Geschichten darüber, wie man es früher machte und man kann gut vergleichen, wie es heute ist. An der Arbeit selbst hat sich nicht viel geändert. Das ist schön, denn dadurch wird der Beruf auch sicher nicht aussterben. Die Arbeit kann bis heute keine Maschine übernehmen: Jeder Huf und jedes Pferd sind unterschiedlich. Da braucht es den Bezug zum Tier. Und den haben Maschinen eben nicht.
Woran erinnerst du dich in deiner Lehrzeit gerne zurück?
Schmunzeln muss ich, wenn ich daran denke, wie ich mich das erste Mal an einem toten Huf versuchte. Mein Chef war am Arbeiten, und ich versuchte den Huf immer zu verstecken, wenn jemand vorbeiging. Die Hunde haben mich dann aber verraten, denn die interessieren sich sehr für das abgeschnittene Horn. Während der Lehre gab es viele Aha-Momente. Schließlich lernt man durch die Praxis am meisten. Abgesehen davon natürlich auch an die vielen schönen Ausblicke, Höfe, Pferde und verschiedenen Gegenden.
Wer hat dir den Beruf gelernt? Wie und wo musstest du in die Berufsschule?
Mein Chef Reinhard Hämmerle war auch mein Lehrherr. Die Berufsschule der Hufschmiede befindet sich im schönen Mistelbach in Niederösterreich. Diese besuchte ich jeweils blockweise für zehn Wochen im zweiten und dritten Lehrjahr. Das erste Lehrjahr absolvierte ich in der Berufsschule Bregenz bei den Metallbearbeitern.
„Schon als Kind dem Hufschmied zugesehen“
Welche Ratschläge kannst du Jugendlichen zur Berufswahl mitgeben?
Den Jugendlichen rate ich, sich so viel wie möglich anzuschauen. So kann man selbst gut entscheiden, welcher Beruf am meisten Freude bereitet. Denn wenn man sich jeden Tag schon beim Aufstehen den Kopf darüber zerbrechen muss, wie man den Arbeitstag schnell übersteht, ist das sicher kein guter Start. Wenn man Spaß an seiner Tätigkeit hat, dann steht man jeden Tag gerne auf und freut sich schon, mit der Arbeit loszulegen. Gerade dann geht die Zeit im Flug vorbei und man glaub oft gar nicht, dass man schon wieder fertig ist.
Welche Rolle haben deine Eltern bei deiner Berufswahl gespielt?
Auf den Beruf bin ich eigentlich durch das Reit-Hobby meiner Mutter und durch mein Interesse an den Tieren gekommen. Schon als kleines Kind habe ich dem Hufschmied gerne bei seiner Arbeit zugeschaut, wenn er unsere Pferde wieder mal beschlagen musste. Es war faszinierend, wie die Eisen im Ofen heiß wurden und langsam die Farbe wechselten. Dazu kam noch das Formen des glühenden Eisens auf dem Amboss, es war einfach wunderbar anzusehen. Dann hat auch mein Vater gemeint, ich könnte ja Hufschmied werden. So war es dann auch.
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Fotos/Interview: WKV, Simon Groß
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